Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik EKG - Schutz vor Defibrillator


von Bert S. (kautschuck)


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Hallo Zusammen,

Ich befasse mich gerade mit der IEC 60601-1 und dort steht, dass alle 
medizinischen Geräte, die Elektroden über das Herz an einen Patienten 
anbringen, den Defibrillator Test bestehen müssen (Siehe Anhang 
TestSetup).

Nun wird eine Kapazität von 32uF auf 5kV aufgeladen und das DUT muss 
überleben sowie dürfen maximal 5% der Energie im DUT geshunted werden, 
sprich das Device muss also >30kOhm Eingangswiderstand besitzen (Annahme 
von 1.5kOhm Widerstand Patient).

Im Anhang ProtectionInterface befindet sich ein Setup, wie man 
normalerweise das EKG vor dem Defibrillator schützt, also 
Eingangswiderstand von 33kOhm, dann TVS (oder GDT), dann nochmals ein 
Widerstand und ein paar Dioden.

Nun zu meiner Frage: Die 33kOhm Eingangswiderstände bekommen ja die 
volle Spannung von 5kV ab, also müssen die ja auch Spannungsfest für 
solche Pulse sein und somit müssen die ziemlich groß sein (z.B der 
DPCR2512-51KJT1 ist ein 2512). Wenn ich nun EKGs anschaue, die auf dem 
Markt sind, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass die solch eine 
Schutzschaltung vorgesehen haben, diese würde um einiges mehr an Platz 
brauchen (z.B 
https://giftshop.bhf.org.uk/alivecor-kardiamobile-ecg-monitor). Jemand 
eine Idee, wie andere das machen? Gemäss IEC 60601 reicht es für EKGs, 
welche nicht im Spital verwendet werden, aus, nur die Energie nicht zu 
shunten, aber funktionieren müssen diese nicht mehr nach dem 
Defibrillator. Also könnte man doch auch einfach Widerstände nehmen, die 
als Fuse interagieren, oder?

von Walter T. (nicolas)


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Schon lange kein aktuelles Gerät mehr offen gehabt, aber hohe 
Spannungsfestigkeit lässt sich oft durch Serienschaltung kleiner 
Widerstände erzielen, zumal sich die nötigen Schutzabstände auch direkt 
automatisch ergeben.

von Peter D. (peda)


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Bert S. schrieb:
> (z.B
> https://giftshop.bhf.org.uk/alivecor-kardiamobile-ecg-monitor).

Nun, das Ding mißt zwischen den Fingern, das braucht keinen 5kV Schutz.

2512 kommt mir als Schutz arg klein vor, der dürfte an Luft einfach 
überschlagen, d.h. er müßte vergossen werden.

Gute Erfahrungen als Schutzwiderstand haben wir mit den Vishay VR68 
gemacht.
https://www.vishay.com/docs/28907/vr25vr37vr68.pdf

von Wolf17 (wolf17)


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Bei den DPCR2512-51KJT1 in 2512 steht zwar "Withstands medical 
defibrillator surges", die Pulsleistung können sie auch, aber zur 
Pulsspannungsfestigkeit steht nichts, nur max 500V.

Mit den Vishay VRxx hab ich auch gute Erfahrung gemacht, aber die gibt 
es erst ab 100k.

In zerlegten EKG Kabeln habe ich cm lange Widerstände gesehen, waren 
wahrscheinlich Kohlemassetypen.

: Bearbeitet durch User
von Carsten S. (dg3ycs)


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Hi,

Bert S. schrieb:
> Wenn ich nun EKGs anschaue, die auf dem
> Markt sind, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass die solch eine
> Schutzschaltung vorgesehen haben, diese würde um einiges mehr an Platz
> brauchen (z.B
> https://giftshop.bhf.org.uk/alivecor-kardiamobile-ecg-monitor). Jemand
> eine Idee, wie andere das machen? Gemäss IEC 60601 reicht es für EKGs,
> welche nicht im Spital verwendet werden, aus, nur die Energie nicht zu
> shunten, aber funktionieren müssen diese nicht mehr nach dem

Nun ja, das ist eher ein Gadget als ein Diagnostisches EKG.
Auch wenn es für einen ENG BEGRENZTEN Kreis an Fragestellungen 
tatsächlich nützliche Hinweise liefern kann. (Z.B. bei Personen mit 
bestimmten Arten von bekannter HRS-Symptomatik)

Da steht auch nirgendwo das dieses Teil nach der MDR in den VErkehr 
gebracht wurde (und daher die 60601-1 erfüllen sollte)

Aber selbst wenn wir mal davon ausgehen das dieses Gerät tatsächlich, 
wie bei korrekter Auslegung der MDR nötig, als Medizinprodukt auf den 
Markt gebracht wird und ein ordnungsgemäßes 
Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen hat:

Ein richtiges EKG Gerät das Diagnostisch oder zur Überwachung im 
Krankenhaus oder einer Arztpraxis eingesetzt wird ist nach der MDR 
(mindestens) Risikoklasse IIa einzustufen. Hier könnte man ggf. auch 
noch die Klasse Im verargumentieren. Also die Klasse wo z.B. die 
häuslichen Fieberthermometer eingestuft sind.
Auch bei Im ist aber, wie auch bei IIa, die Mitwirkung einer benannten 
Stelle verpflichtend. Entweder indirekt in dem der Produzent ein 
zertifiziertes QM System nach EN-13485 für die Bereiche Produktion und 
Entwicklung hat, das regelmäßig von der benannten Stelle geprüft wird, 
oder aber, wenn kein solches QM System vorhanden ist, in dem das Gerät 
selbst von dieser Stelle geprüft wird.

In einer solchen Situation ist es möglich bei korrekter Risikobewertung 
auch begründete Abweichungen von der Norm zuzulassen.
Hier ist, bei deinem Beispielartikel, zu sagen das dieses ja nicht nur 
nicht direkt in der HErzgegend angebracht wird (was ein Nennenswerten 
Shunten der Energie eines Externen Defis überhaupt erst wahrscheinlich 
machen würde, sondern auch eine aktive Benutzung durch den Patienten 
selbst erfordert. (in der HAnd halten oder zumindest mit einem Finger 
pro Hand auf die Kontaktflächen pressen)

Ich kann mir nun wirklich absolut kein Szenario vorstellen wo es aus 
medizinischer sicht realistisch ist das Ein Patient dieses Gerät 
verwendet während er extern Defibrilliert wird. (Bei einem Implantierten 
Defi wäre es möglich, aber da ist die Situation eh ganz anders, da 
spielt es für die Wirksamkeit definitiv keine Rolle was man in der Hand 
hält...)

Also führt man zu diesem Punkt eine Risikobetrachtung durch, kommt (mit 
stichhaltiger und einer nachprüfung standhaltender Begründung) zu dem 
Schluss das diese Situation einfach nicht vorkommt und selbst wenn die 
Wahrscheinlichkeit von 1 zu 100 000 000 doch mal eintreten sollte es 
überhaupt keine Auswirkungen hat und damit kann man dann bei diesem 
Punkt abweichen.


Und zu dem allgemeinen Fall:
Schaue dir noch einmal das Testsetup genau an:
Das DUT liegt parallel zu einem 100 Ohm Widerstand (Ein Defi hat große 
Kontaktfläche und wird mit geringem Abstand der Elektroden verwendet. 
Nicht an der Strecke Hand-Fuß)

Die von dir angehangene Schutzschaltung hat, egal wie man den Stromfluss 
annimmt, im Worst Case immer eine Mindestimpedanz von fast 50 kOhm (33k 
+ 33k||33k). Das ist Faktor 500. Die Spannungsfestigkeit der Widerstände 
muss natürlich gegeben sein (da es sich auf mindestens 2 Aufteilt muss 
jeder davon VERLÄSSLICH für mindestens 2,5kv geeignet sein)
Aber hinsichtlich der Pulsfestigkeit reicht eine Beständigkeit gegenüber 
1/1000 der möglichen Gesamtenergie im Kondensator aus.

Gruß
Carsten

von Helmut -. (dc3yc)


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Bert S. schrieb:
> Wenn ich nun EKGs anschaue, die auf dem
> Markt sind, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass die solch eine
> Schutzschaltung vorgesehen haben, diese würde um einiges mehr an Platz
> brauchen

Wenn du schon mal kardiovertiert wurdest, wüsstest du, dass du im 
Auslösefall deine Finger nicht mehr an dieses Gerätchen halten könntest.

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